Heute, am 13. März 2024, mussten wir unsere Genossin Leo schweren Herzens in den Arrest verabschieden. Im September letzten Jahres wurde sie in Folge einer Demonstration gegen Polizeigewalt am 13.12.2022 zu 80 Sozialstunden, mehreren Beratungsterminen und vier Wochen Jugendarrest verurteilt.
Wir gingen am Morgen gemeinsam den Weg in die JVA Stadelheim. Mit einer kämpferischen Spontandemonstration nahmen wir uns dabei kollektiv die Straße. Unsere Wut, unser Zusammenhalt und die Solidarität untereinander gaben uns dabei Kraft.
Nachdem die Genossin durch die Mauern ging, ließen es sich die Cops nicht nehmen, uns selbst an einen so emotionalen Tag schikanieren zu wollen. Unter der fadenscheinigen Begründung der Zeug:innenvernahme wollten sie von allen Genoss:innen, Freund:innen und Familienangehörigen die Personalien aufnehmen. Hierzu machten sie willkürlich einen Zusammenhang der am Arrestantritt Beteiligten mit in den Vortagen aufgetauchten Solidaritätgraffitis rund um die JVA Stadelheim auf. In einem einstündigen Kessel versuchten sie uns mürbe zu machen. Wir hielten dem stand und ließen uns davon nicht beeindrucken. Am Ende konnten wir kollektiv die Personalienaufnahme verwehren.
Am Abend trafen wir uns dann am Giesinger Bahnhof. Unter dem Aufruf: „Freiheit für alle politischen Gefangenen – Solidarität mit Leo und Tahir“, zogen wir die Demonstration zum Tag der politischen Gefangen – die traditionell eigentlich am 18. März stattfindet – vor. Hiermit setzten wir ein praktisches Zeichen der Solidarität mit alle politischen Gefangen und in den Untergrund gegangenen Antifaschist:innen.
Neben Leo sitzt auch Tahir in der JVA Stadelheim, ein Genosse aus der kurdischen Bewegung. Er befindet sich schon seit über einem Jahr im Untersuchungshaft. Gegen ihn läuft ein Verfahren nach Paragraph 129b – der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.
Die kurdische Freiheitsbewegung wird seit jeher in der BRD strukturell rassistisch schikaniert und kriminalisiert. Der Staat macht sich damit zum Handlanger ihres NATO-Partner Türkei, welcher diese und die damit verknüpfte Arbeiter:innenpartei PKK zu ihrem Hauptfeind für ihr mörderisches Regime akquiriert hat.
Sein Urteil soll diesen Freitag, den 15. März 2024, gesprochen werden. Hier wird es um 9:00 Uhr eine Solidaritätskundgebung vor dem Oberlandesgericht München (Nymphenburgerstraße 16) geben.
Zu Beginn der Demonstration hörten wir ein Grußwort der Roten Hilfe München. Als strömungsübergreifende Organisation ordneten sie Repression im Generellen ein. In Folge sprach die „Antikapitalistische Linke München“ über die Repression gegenüber der revolutionären Bewegung, um Leo und Tahir dann als Teil dieser direkt zu grüßen. Sie leiteten über an die Solidaritätskampagne „Antifaschismus bleibt Notwendig“. Der Solikreis organisiert die direkte und politische Arbeit rund um die Antifaschisten, die im „Wasenverfahren“ in Stuttgart zu langen Haftstrafen für eine direkte Konfrontation mit Nazis der rechten Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ veruteilt wurden.
Anschließend zogen wir unter lauten Parolen vor den Männertrakt der JVA Stadelheim. Auf dem Weg dorthin wurden wir von einem Bannerdrop begrüßt. Der Spruch „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht!“ von Rosa Luxemburg erinnerte uns alle daran, wofür wir kämpfen:
Eine Welt, die auf einem solidarischen und kollektiven Miteinander aufgebaut ist und nicht auf der Habgier Einzelner. Ein Kampf der den Antagonismus zum Staat und damit dessen Repression inneträgt. Ein Kampf, der sich aber zu kämpfen lohnt.
Bei Tahir – am Männerknast angekommen – sprach ein Vertreter von „Defend Kurdistan“. Er ging auf die stetig wachsende Repression gegen die kurdische Freiheitsbegung hier in der BRD ein. Unter den Parolen „Solidarität mit Rojava – Weg mit dem Verbot der PKK“ und „Bijî berxwedana zindana“ (Lang lebe der Widerstand in den Gefängnissen) zogen wir weiter zum Frauentrakt.
Der Solikreis „Free Leo – 1312 Gründe zu treten“ grüßte mit einer emotionalen starken Rede die Genossin direkt und ging auf ihre kämpferische Art ein. Eine übergreifende Einordnung zur Repression gegenüber der antifaschistischen Bewegung mit Bezugnahme auf das „Antifa Ost“-Verfahren folgte von der Antifaschistischen Aktion München und dem Antifa Aufbau Augsburg.
Bevor wir dann zum Mangfallplatz weiterzogen zündeten wir Leuchtfontänen. Dabei wurde ein 1312-Doppelhalter in die Höhe gehalten.
Im weiteren Verlauf der Demonstration folgte noch ein Feuerwerk. Der Blick auf dieses verband uns – Genoss:innen auf der Straße – mit denen, die hinter Gittern sitzen. Kurdische Musik bei der Abschlusskundgebung und das anschließende gemeinsame Abendessen liesen den Abend ausklingen.
Wir danken allen, die gemeinsam mit uns ein solidarisches Zeichen für unsere Genoss:innen in Haft und im Untergrund auf die Straße getragen und für den Moment die Mauern verwinden lassen haben. Solidaritätsarbeit ist wichtig und richtig, sie darf aber nicht kurzlebig sein, sondern muss konstant anhalten.
Deshalb:
Kommt zu Tahirs Prozess am 15. März um 9:00 Uhr vor das Oberlandesgericht München (Nymphenburgerstraße 16) und schreibt den Genoss:innen, die für unsere Kämpfe hinter Gittern sitzen. Sie führen diese dort weiter.
Freiheit für Leo!
Freiheit für Tahir!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Anbei findet ihr, wie ihr Briefe schreiben könnt:
An Leo:
Verein zur Förderung der Gegenkultur e.V.
Frauentorstraße 34
86152 Augsburg
Stichwort: Leo
An Tahir:
Tahir Köçer
Stadelheimer Str. 12
81549 München
Und an weitere politische Gefangene:
rote-hilfe.de/aktiv-werden/gefangenen-schreiben